8. Ländliche Räume und Agrarpolitik, Umwelt – und Naturschutz
Der Schutz der Natur, der Umwelt und des Klimas sind gerade für uns im Norden zentrale politische Aufgabe.
Die Sicherung der natürlichen Grundlagen des Lebens ist Querschnittsthema, das in allen Politikbereichen zu beachten ist. Durch seine Lage ist unser Land von den maßgeblich durch die Menschen verursachten Klimaveränderungen und den Anstieg des Meeresspiegels besonders betroffen, Natur und Umwelt sind das wichtigste Gut auch als Existenzgrundlage für die Menschen im Lande, die mit der Nutzung der Naturgüter ihre Existenzbedingungen sichern.
Im Mittelpunkt der Agrarpolitik stehen gut ausgebildete Unternehmer der Land- und Ernährungswirtschaft, die in modernen, zukunftsorientierten Betrieben qualitativ hochwertige, gesunde Nahrungsmittel erzeugen, verarbeiten und vermarkten, in einem marktwirtschaftlichen, möglichst wenig staatlich beeinflussten Wettbewerbssystem angemessene Einkommen erzielen, mit ihrer nachhaltigen und umweltgerechten Wirtschaftsweise die Kulturlandschaft erhalten und dazu beitragen, dass die dörflichen Lebensgemeinschaften intakt und das Heimatgefühl vieler Menschen mit der bäuerlichen Kultur in unserer Gesellschaft verwurzelt bleibt.
8.a. Nachhaltigkeit
Nachhaltigkeit ist eine Querschnittsaufgabe und die inhaltliche Klammer, die Kompetenzen vermittelt, Zukunftsprobleme zu erkennen und Lösungsansätze zu entwickeln. Die verstärkte Ausrichtung der Politik an diesem Ziel ermöglicht es, die komplexen Zusammenhänge zwischen Ökonomie, Ökologie und Sozialem zu erkennen. Dazu gehört auch, Bedürfnisse und Lebensstile entsprechend zu reflektieren und Verantwortung zu übernehmen.
Für uns ist das in Rio 1992 formulierte Prinzip der Nachhaltigkeit verbindlich, wobei wirtschaftliche, soziale und ökologische Aspekte gleichrangig zu betrachten sind. Dieser Maßstab verbietet Ausbeutung und Raubbau. Das Ziel muss ein Wirtschaftswachstum bei sinkenden Umweltbelastungen sein. Gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten bekennen wir uns zu einer sozialen und ökologischen Marktwirtschaft. Sie muss einen leistungsfähigen Markt, sozialen Ausgleich und sichere natürliche Lebensgrundlagen miteinander verbinden.
Nachhaltigkeitsstrategie des Landes
Wir werden daher auch die Nachhaltigkeitsstrategie des Landes überprüfen und weiterentwickeln. Alle Ministerien sind dieser übergeordneten Aufgabe verpflichtet, um weiterhin eine zukunftsfähige Entwicklung unseres Landes zu gestalten und zu sichern. Die regelmäßige Überprüfung der Erreichung der Ziele auf Grundlage der Indikatoren soll für eine Darstellung des Erreichten und eine Weiterentwicklung unter Einbeziehung der AGENDA 21 Prozesse und aller wichtigen Akteure genutzt werden. Wir sind uns unserer Verantwortung für die Eine Welt bewusst.
Gerade wegen der knappen finanziellen Ressourcen werden alle Förderprogramme überprüft, ob sie den Zielen der Nachhaltigkeit nicht entgegenstehen und sie die Erreichung der Vorgaben befördern. Dieses ist in jedem Förderprogramm begründet darzustellen. Außerdem wird von der Landesregierung öffentlich einmal in jeder Legislaturperiode ein Bericht über die Erfolge und den Stand der Zielerreichung vorgelegt.
Die Große Koalition setzt auf einen kooperativen Umweltschutz, das heißt auf mehr ortsbezogene Fachlichkeit und Förderung von ehrenamtlichem Handeln, auf weniger staatliche Bevormundung, Bürokratisierung und Kostenbelastung der Bürgerinnen und Bürger.
Bildung für nachhaltige Entwicklung
Auch die nächsten Generationen müssen lernen, in und mit der Natur zu leben. Wir werden deshalb – auch zur Umsetzung der entsprechenden UN-Dekade – die Bildung für nachhaltige Entwicklung auf allen Ebenen ausbauen und fördern.
Im Rahmen eines Gesamtkonzeptes sind die bestehenden Landes-Einrichtungen mittelfristig zusammenzuführen, eine Bündelung von allen Einrichtungen der Umweltbildung bzw. der Bildung für nachhaltige Entwicklung soll dabei mit berücksichtigt werden. Hierzu wird eine Enquetekommission eingesetzt, die bis Sommer 2006 ein Konzept "Bildung für nachhaltige Entwicklung in Schleswig-Holstein" vorlegen soll.
Dabei sind die Möglichkeiten der schulischen und beruflichen Bildung, der Fortbildung und des Studiums ebenso zu berücksichtigen wie die Angebote der so genannten außerschulischen Lernstandorte und der ehrenamtlichen Verbände und Vereine.
- Information, Kommunikation, die Befähigung zur Teilnahme von bürgerbezogenen Planungsverfahren und Bildung sind zu stärkende Instrumente, um für die Nachhaltige Entwicklung eine höhere Akzeptanz in der Bevölkerung zu finden.
- Die Qualifizierung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dieser Einrichtungen in der Bildung für nachhaltige Entwicklung soll weiter zentral erfolgen.
- Das seit 2004 bestehende Zertifizierungsangebot von Bildungsanbietern in freier Trägerschaft zu "Bildungszentren und -partnern für Nachhaltigkeit" ist im Rahmen des o.g. Konzeptes weiterzuentwickeln und den zertifizierten Einrichtungen ideell und bei Fördermaßnahmen vorrangig Unterstützung anzubieten – dies gilt explizit auch für Einrichtungen des Globalen Lernens.
- Wir werden die Freiwilligendienste generationenübergreifend fördern. Dies gilt vor allem für das ökologische und das soziale Jahr.
- Die Lotterie für Umwelt und Entwicklung Bingo leistet seit Jahren einen unverzichtbaren Beitrag zur Förderung des ehrenamtlichen Engagements im Bereich Umwelt, Natur und Eine Welt. Sie ist auf Dauer für diesen Zweck zu erhalten.
8.b. Die Ländlichen Räume
Wir werden der Wirtschaftsentwicklung im ländlichen Raum neue Impulse geben durch eine Wettbewerbsstärkung der Landwirtschaft als wichtigen Investor im ländlichen Raum. Die Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen steht im Vordergrund. Wir unterstützen dies durch eine auf kleine und mittelständische Betriebe gerichtete Wirtschaftspolitik, eine wirksame Förderung strukturschwacher Regionen, die Unterstützung von Existenzgründungen und Erleichterung von Betriebsnachfolgen, Nutzung moderner Technologien und Innovationen sowie die Nutzung der Tourismus-Potenziale.
Mit einem Kulturlandschaftsprogramm (Kulap) und der LSE werden wir gemeinsam mit den Bürgerinnen und Bürgern die ländlichen Regionen unseres Landes weiter entwickeln. Wir stärken die regionale Identität und das Heimatgefühl, indem alle Belange von Naturschutz, Tourismus, Kultur, Landwirtschaft und Wirtschaft dabei beachtet werden. Wir setzen uns für ein Gesamtkonzept für die ländlichen Räume ein.
Das Kulturlandschaftsprogramm dient der Konzentration der Förderprogramme auf Grundlage der Förderinstrumente der EU. Ziel ist eine nachhaltige Weiterentwicklung des ländlichen Raumes gemäß den drei Säulen der Agenda 21 (Ökologie, Ökonomie und Soziales) und ein Abbau der Bürokratie. Umweltleistungen im Rahmen des zu entwickelnden Kultur-Landschaftsprogramms sind im Rahmen der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel zu honorieren, indem landwirtschaftliche Betriebe stärker in Umweltschutzprojekte partnerschaftlich eingebunden werden. Fördermaßnahmen sollen aus folgenden Bereichen konzentriert werden:
- Landwirtschaft,
- Forstwirtschaft,
- Fischerei,
- Naturschutz,
- Wasserwirtschaft,
- Landschaftsentwicklung,
- Dorfentwicklung,
- Naherholung.
- Wir treten ein für die Beibehaltung der Gemeinschaftsaufgabe "Agrarstruktur und Küstenschutz".
- Die EU- und GA- Mittel wirken investiv und mit hohem Multiplikator- und Arbeitsplatzeffekt. Sie sind daher möglichst vollständig auszuschöpfen. Maßnahmen zur ländlichen Entwicklung müssen im Hinblick auf Nachhaltigkeit, Wachstum und Beschäftigung eingeleitet und finanziert werden.
- Im Rahmen des Kulturlandschaftsprogrammes sollen die in den rund 100 LSE-Verfahren mit ca. 1.000 Gemeinden kooperativ begonnenen Maßnahmen auch in Zukunft durch neue Instrumente wie LSE 2 oder Regionalmanagement fortgeführt werden können. So können Themen wie demographische Entwicklung, Verwaltungsmodernisierung auf kommunaler Ebene, Grundversorgung, touristische Entwicklung, landwirtschaftliche Diversität und bürgerschaftliches Engagement vorangebracht werden.
- Die Initiative der Markt-Treffs ist auszubauen und weiterzuentwickeln.
- Im Rahmen der Bauleitplanung muss eine geordnete wirtschaftliche Entwicklung sichergestellt werden.
8.c. Landwirtschaft
Die Neuorientierung der europäischen Agrarpolitik ermöglicht unseren Landwirten eine ökonomisch und ökologisch vernünftige Einkommenssicherung. Mit der Abkehr von den mengenbezogenen Subventionen und der Einführung der entkoppelten Prämien wird mehr soziale Gerechtigkeit und eine umweltverträglichere Landwirtschaft erreicht. Wir wollen unseren gut ausgebildeten Landwirten die Standortvorteile unseres Landes erhalten.
- Wir werden eine landesweite Initiative "Essen und Leben – natürlich Schleswig-Holstein" ins Leben rufen, um damit die besonderen Angebote der Küche und Naturschätze des Landes zu bündeln und als weiteres Tourismus-Profil zu schärfen. Darüber hinaus soll mit dieser Initiative die einheimische Land- und Ernährungswirtschaft, die Gastronomie und der Verbraucherschutz gestärkt werden.
- Die Kontrollen der Cross-Compliance Vorschriften müssen gebündelt auf den Betrieben vorgenommen werden. Wir streben an, dass die Kontrollen durch die zuständige Landesbehörde (heute ALR) erfolgen. Eine Übertragung auf die Kreise erscheint nicht sachgerecht, zumal die Kreise nicht die Prämien auszahlen.
- Die Auszahlung innerhalb des neuen Prämiensystems durch die Landwirtschaftsverwaltung soll mit dem Ziel 1.12.2005 erfolgen.
- Die Modulationsmittel sollen an die landwirtschaftlichen Betriebe zurückfließen um eine nachhaltige Einkommensperspektive auf den Höfen zu eröffnen. Modulationsmittel müssen aber auch weiterhin für die Strukturverbesserung des ländlichen Raums im Rahmen des Kulap und der LSE verwendet werden. Als Richtschnur für die Höhe der Verwendung der Mittel für Ausgleichszahlungen in Agrar- und Naturschutzprogrammen könnte man den von den Landwirten einbehaltenen Nettobetrag sehen.
- Die ökologische Landwirtschaft soll im Rahmen ihrer Marktchancen gefördert werden, dazu gehört auch die Beibehaltung der Markt- und Standort angepassten Landwirtschaft (MSL) im bisherigen Rahmen.
- Energiegewinnung aus regenerativen Ressourcen soll als Einkommensquelle verstärkt ausgebaut werden. Projekte und praxisnahe Verfahren zur Erzeugung von Biomasse und Industrieprodukten werden gefördert, soweit Marktchancen erkennbar sind. Zur Verringerung der Schadstoffbilanz werden wir die Biokraftstoffproduktion und -technologie fördern. Wir werden die Initiative "Biomasse und Energie 2001 – 2006" fortsetzen mit dem Ziel, den Anteil der Biomasse zu erhöhen und die vorhandenen Biomasse-Ressourcen zu nutzen, um bis zur Hälfte des Wohnungsbestandes im Lande mit Wärme und Heizwasser aus Biomasse zu versorgen. Dies schafft neue Arbeitsplätze gerade auch im ländlichen Raum.
- Die Koalitionspartner sind über den Einsatz der Gentechnik in der Landwirtschaft unterschiedlicher Auffassung.
- Wir unterstützen Bemühungen zu einer Neuorientierung der EU-Agrarpolitik mit den Elementen Abbau staatlicher Reglementierung zugunsten einer stärkeren Marktorientierung.
- Bei der Umsetzung der EU-Agrarreform sind Strukturbrüche möglichst zu vermeiden. Die marktorientierten intensiv wirtschaftenden Betriebe dürfen nicht benachteiligt werden. Der Kabinettsbeschluss zur Länderoption und die Verordnung zur Bestimmung des Werteverhältnisses für Dauergrünland werden aufgehoben. Für die reinen Grünlandbetriebe werden Modulationsmaßnahmen angeboten, die den Erhalt des Grünlandes fördern.
- Die Investitionsförderung der land- und ernährungswirtschaftlichen Betriebe sowie die Strukturverbesserung im ländlichen Raum ist wieder in den Vordergrund zu stellen. Das Land wird größere Anstrengungen unternehmen, um die EU- und Bundesmittel verstärkt auszuschöpfen.
- Wir werden ein Standortentwicklungskonzept für die Land- und Ernährungswirtschaft erstellen. Das Konzept enthält vor allem folgende Eckpunkte:
- Verstärkte Unterstützung von ansiedlungs- und wachstumswilligen Unternehmen der Ernährungswirtschaft durch Verbesserungen der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen,
- Unterstützung der Direktvermarktung,
- Aufbau einer integrierten Vertragsproduktion,
- Förderung von gewerblichen Arbeitsplätzen in ländlichen Gemeinden.
- Wir wollen die Förderkulisse zum Abbau von Wettbewerbsverzerrungen gegenüber anderen Bundesländern verbessern.
- Das landwirtschaftliche Bildungssystem wird auf jeder Ausbildungsstufe bedarfsgerecht und kundenorientiert ausgerichtet und modernisiert.
Fischerei
Das Land wird gegenüber dem Bund und der EU sich einsetzen:
- für wirksame und praxisgerechte Maßnahmen zum Schutz und zum Aufbau der Fischbestände
- für ein EU-weites Verbot der Gammelfischerei
- für mehr Planungssicherheit durch bestimmte Rahmenvorgaben z.B. über Schonzeiten, Stillliegezeiten, Maschenweiten
- für verbesserte Investitionsförderungen für Neubau- und Modernisierungsvorhaben.
Die Potenziale der Aquakultur müssen in Schleswig-Holstein umweltverträglich ausgebaut und gefördert werden.
Erzeugergemeinschaften und deren Zusammenschlüsse werden stärker unterstützt. Wir werden Fisch aus schleswig-holsteinischen Gewässern bzw. von heimischen Kuttern als hochwertiges Lebensmittel langfristig sichern und die Vermarktung unter dem Motto "Aus der Region – für die Region" unterstützen.
8.d. Küstenschutz, Meeresschutz und Hochwasserschutz
Der Küstenschutz ist in Schleswig-Holstein, dem Land zwischen den Meeren, seit alters her von existenzieller Bedeutung. Die Menschen an den Küsten und Flüssen haben Anspruch auf einen sicheren Lebens- und Wirtschaftsraum. Mit einem flächenhaften Küstenschutz, intakten Vorländereien, sicheren Deichen und anderen Küstenbauwerken sowie dem Schutz der sandigen Brandungsküsten werden wir dieser Aufgabe nachkommen.
Der vorbeugende Hochwasserschutz und die Überarbeitung des Generalplans Küstenschutz mit der Gewährleistung des Küstenschutzes nach ökologischen und ökonomischen Kriterien haben den Schutz der an der Küste lebenden Menschen erheblich verbessert. Der Küstenschutz muss als hoch sensibles Thema ein eigenständiges Handlungsfeld der Landespolitik Schleswig-Holsteins bleiben.
- Die Aufgabendurchführung muss durch eine Organisationsstruktur an den Küsten erhalten bleiben.
- Die Finanzierung des Generalplans Küstenschutz über GA- und EU-Mittel im geplanten Umfang muss gewährleistet sein. Wir werden den Prioritätenkatalog des "Generalplans Küstenschutz" unter dem Gesichtspunkt der Gefährdung und Wirtschaftlichkeit weiterentwickeln. Die Konzeption der Vorlandbeweidung zum Salzwiesenschutz und zum flächenhaften Küstenschutz soll weiterentwickelt werden.
- Wir werden die vordringlichen Nachbau- und Verstärkungsmaßnahmen zügig durchführen und zweckgebundene EU- und Bundesmittel durch Komplementärfinanzierung aus dem Landesetat ausschöpfen.
- Die Finanzierung von Verbands- und Kommunaldeichen wird im Rahmen der zur Verfügung stehenden Mittel verbessert. Bei Baumaßnahmen sind Eigentümerinteresse und Naturschutzprojekte angemessen zu berücksichtigen.
- Neue Beteiligungsprozesse wie beim Integrierten Küstenzonen-Management müssen weiter beschritten werden.
- Schiffsunfälle und Schadstoffeinträge beeinträchtigen die Qualität unserer Meere und Küsten. Im Rahmen der Initiative "Zukunft Meer" werden wir eine Strategie zum Schutz der Meeresumwelt vor gefährlichen Stoffen (u.a. Baggergut / TBT / Schiffsicherheit) entwickeln.
- Die wirtschaftliche Unterhaltung und die Weiterentwicklung von Häfen und Schifffahrtsstraßen bleiben auch künftig gesichert; dazu wird auch weiterhin eine Umlagerung von gering belastetem Baggergut in einem Gewässer ermöglicht.
8.e. Klimaschutz, Natur- und Umweltschutz
Die Anbindung der Energiepolitik an die Umweltschutzpolitik mit dem Ausbau der regenerativen Energien ist fortzusetzen, um die Erfolge in der Nachhaltigkeits- und Klimaschutzpolitik nicht zu gefährden.
Klimaschutz und der Erhalt öffentlicher Güter sind dauerhafte Aufgaben. Im Sinne des vom Europäischen Rat in Göteborg beschlossenen Zieles sind wir verpflichtet, den Rückgang der Artenvielfalt bis zum Jahr 2010 zu stoppen. Wir werden deshalb weiterhin dem Natur- und Artenschutz einen hohen Stellenwert einräumen.
Die hohe Qualität von Landschaft, Wasser und Luft ist nicht nur ein Standortvorteil sondern auch unverzichtbare Lebensgrundlage. Ökologische und ökonomische Interessen sind auszugleichen und gleichermaßen der Nachhaltigkeit verpflichtet.
Natur- und Umweltschutzpolitik bildet weiterhin die Grundlage für den wirtschaftlichen Erfolg, insbesondere in Landwirtschaft, Tourismus, Erholung, Ernährungswirtschaft. Hierbei spielen die integrierten Stationen eine wichtige Rolle. Die in Schleswig-Holstein vergleichsweise funktionsfähige Natur und Umwelt muss deshalb weiter erhalten werden. Wasser, Luft und Boden werden vorbeugend geschützt.
Naturschutz und Bürgerbeteiligung
- Erfolgreicher Naturschutz erfordert die Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger. Sie müssen dazu Verfahren und Verfahrensabläufe nachvollziehen können. Maßnahmen des Naturschutzes finden vor Ort Akzeptanz, wenn sie den Menschen sachgerecht dargestellt und vermittelt werden. Das Natur- und Umweltinformationssystem mit Informationen aus dem medienübergreifenden Monitoringsystem bildet dafür die Grundlage und setzt auch gleichzeitig Anforderungen der Europäischen Umweltinformationsrichtlinie um. Zur Weiterentwicklung der Bürgergesellschaft gehört der Ausbau der Informations- und Beteiligungsrechte.
- Wir werden besondere Anreize für Bürgerinnen und Bürger zur ehrenamtlichen Arbeit im Natur- und Umweltschutz schaffen. Dazu werden wir 1000 Patenschaften zur Erhaltung der Tier- und Pflanzenwelt unterstützen und einen Wettbewerb ausschreiben.
- Für eine erfolgreiche Naturschutzarbeit sind die ehrenamtlichen Vereine und Verbände auf Landesebene und vor Ort unverzichtbar. Sie sind wichtige Akteure in der Landesnaturschutzpolitik. Naturschutzverbände sollen auf der Grundlage einer Förderrichtlinie einen Zuschuss zur Geschäftsführung erhalten. Der Haushaltsansatz für institutionelle Förderung wird nicht erhöht. Darüber hinaus wird es Zuwendungen an Naturschutzverbände im Rahmen der Betreuung von Schutzgebieten aufgrund eines Betreuungsvertrages in Abhängigkeit von der Haushaltslage geben.
Wir werden eine intensive Zusammenarbeit pflegen. Lokale und regionale Naturschutzvereine und -bündnisse sollen bei entsprechender fachlicher Eignung mit mehr Verantwortung ausgestattet werden, um mehr praktische Naturschutzarbeit vor Ort leisten zu können.
- Die Einrichtung des Landesnaturschutzbeauftragten und des zugehörigen Beirats auf Landesebene werden wir als Bindeglieder zwischen ehrenamtlichem und behördlichem Naturschutz erhalten.
- Bei den Managementplänen und Sicherungsstrategien für die Natura 2000 Gebiete sind die Akteure, insbesondere im Ehrenamt, vor Ort verstärkt einzubinden, wie es bei der Umsetzung der EU-Wasserrahmenrichtlinie erfolgreich praktiziert wurde. Naturschutz soll weiterhin in erster Linie durch vertragliche Vereinbarungen erreicht werden. In den großen Natura 2000-Gebieten werden wir eine Flurneuordnung anstreben, um eine Weiterentwicklung von landwirtschaftlichen Betrieben zu erleichtern. Gemeinsam mit den Beteiligten vor Ort werden wir nach 3 Jahren eine Evaluierung in den Gebieten vornehmen.
- Bei der Auswahl und Benennung von Gebieten für das gemeinschaftliche Natura 2000-Netz werden wir die Gebietskulisse anhand der vom EU-Gesetzgeber geforderten Kriterien überprüfen und möglicherweise vorhandene naturschutzfachliche Beurteilungsspielräume nutzen. Dies gilt auch für bereits gemeldete Gebiete, soweit es das EU-Recht zulässt.
- Bei der zwingend erforderlichen Umsetzung dieser Schutzgebiete werden wir eng mit Landeigentümern und Betroffenen zusammenarbeiten. Freiwillige vertragliche Vereinbarungen haben Vorrang vor ordnungsrechtlichen Maßnahmen der Schutzgebietsausweisung.
- Die Zuwendungen des Landes für die Stiftung Naturschutz werden auf die unabdingbar erforderlichen Mittel zurückgefahren. Der Vertragsnaturschutz auf freiwilliger Basis hat für uns grundsätzlich Vorrang vor dem Flächenankauf, damit Grund und Boden im privaten Eigentum und damit auch in privater Verantwortung verbleiben. Die Stiftung Naturschutz soll aus den von ihr bewirtschafteten Mitteln stärker als bisher den Flächenankauf berechtigter Dritter fördern.
- Wir werden die Reduzierung der Kormoran-, Rabenkrähen-, Wildenten- und Wildgänsebestände erleichtern, ohne deren Bestand zu gefährden.
Vorschläge zur Umsetzung dieser Zielsetzung sind von der Landesregierung bis zur Sommerpause 2005 vorzulegen.
Jagd
Die Jägerinnen und Jäger in Schleswig-Holstein stellen kompetente Partner im Natur- und Umweltschutz dar. In ihren Revieren kümmern sie sich um eine nachhaltige Sicherung des ökologischen Gleichgewichts, im Rahmen der Hege leisten sie wertvolle Beiträge zur Erhaltung, Pflege und Wiederherstellung von Biotopen, durch Schonungs- und Sicherungsmaßnahmen schützen sie seltene Arten, sie helfen mit bei der Bekämpfung gefährlicher Tierseuchen wie Tollwut und Schweinepest. Wichtige Grundlagen sind und bleiben das Reviersystem, die Hegegemeinschaften und die Jagdgenossenschaften. Bürokratische Hemmnisse sind abzubauen.
Wir werden
- die Jägerschaft verstärkt in Natur- und Umweltschutzprojekte einbinden. Das Wildtier-Monitoring ist ein wichtiger Bestandteil des Umweltinformationssystems;
- für Tierarten, die gravierende Schäden verursachen und nicht unter Artenschutz stehen, unbürokratische Bejagungs- und Reduzierungskonzepte entwickeln, ohne deren Bestände zu gefährden. Dies gilt z.B. für Saatkrähen, Elstern und Bisam.
Nationalpark Wattenmeer
- Sofern es eine breit getragene Initiative aus der Region zur Entwicklung des Nationalparks Wattenmeer als Weltnaturerbe geben wird, wollen wir diese fördern, die einzigartige Tier- und Pflanzenwelt schützen, eine nachhaltige Regionalentwicklung an der Küste und auf den Halligen unterstützen. Einzigartige Naturerlebnisse sind Wirtschaftsgrundlage und gleichzeitig Auftrag zum Erhalt dieses Lebensraumes. Vereinbarungen über grenzüberschreitenden Naturschutz, Schiffssicherheit und EU-weites Verbot der Gammelfischerei sind notwendige Beiträge zum Erhalt des Wattenmeeres.
- Die zentrale Rolle des Multimar als Einrichtung für Naturschutz und Tourismus soll erhalten und weiterentwickelt werden. Der Nationalpark-Service wird in Struktur und Aufgaben auf seine Wirtschaftlichkeit überprüft.
- Wir werden einen Entwicklungsplan für den Nationalpark Wattenmeer erarbeiten, der sowohl dem Naturschutz dient als auch die wirtschaftlichen Interessen der dort lebenden und arbeitenden Menschen beinhaltet.
- Wir brauchen eine vernünftige Befahrensregelung im Nationalpark Wattenmeer, die mit dem Bundesschifffahrtsrecht abgestimmt werden muss.
Forst- und Waldwirtschaft
Unser Land ist das weitaus waldärmste Flächenland in Deutschland mit immer noch unter 10 % Waldanteil. Der Wald spielt für die Allgemeinheit eine bedeutsame Rolle:
u. a. im Bereich des Klima-, Erosions-, Grundwasser- und Lärmschutzes ebenso wie im Naturschutz, da er natürlicher Lebensraum für den größten Teil unserer heimischen Tier- und Pflanzenwelt ist (Schutzfunktion). Gerade im tourismusintensiven Schleswig-Holstein hat aber auch der Erholungsraum Wald für die Menschen eine herausragende Bedeutung (Erholungsfunktion).
- Unser forstpolitisches Ziel ist es auch weiterhin, den Waldanteil auf 12 % der Landesfläche anzuheben. Neben der Neuwaldbildung durch die Landesforstverwaltung (Vorbildfunktion) muss deshalb die Neuwaldbildung durch die privaten Waldbesitzer auf landwirtschaftlichen Flächen verstärkt gefördert werden. Die Prämienzahlungen werden wieder den EU-weit üblichen Verfahrensweisen angepasst.
- Wir werden die Landesforstverwaltung betriebswirtschaftlich straffen, insbesondere hemmende Vorschriften überprüfen und der Zeit anpassen. An der Grundstruktur mit Forstämtern und Förstereien wird festgehalten, sofern sich keine wirtschaftlichere und effizientere Organisationsform entwickelt lässt. In diesem Sinn ist die Gründung eines Landesbetriebes für die landeseigenen Forste zu prüfen.
Deshalb sprechen wir uns für die Förderung forstwirtschaftlicher Zusammenschlüsse, Erhaltung der Forstabteilung der Landwirtschaftskammer sowie der Lehranstalt für Forstwirtschaft aus.
- Wir werden den Privat- und Kommunalwald in seiner Entwicklung zu ökonomisch und ökologisch wertvollen Waldformen unterstützen. Der Wald in Schleswig-Holstein muss wieder über alle Besitzarten hinweg nach gemeinsam erarbeiteten Grundsätzen bewirtschaftet und betreut werden. Für den Staatswald sollen zukünftig beide Zertifizierungen (FSC und PEFC) möglich sein.
- Vorrangig vor ordnungspolitischem Handeln soll den Waldbesitzern auf freiwilliger Basis der Vertragsnaturschutz angeboten werden.
- Unwirtschaftliche und entbehrliche landeseigene Grundstücke – insbesondere Splitterwaldbesitz können in Zukunft veräußert werden, es sei denn, es liegt ein besonderes Allgemeininteresse vor. Dieses gilt ebenso für landeseigene Liegenschaften, deren Bewirtschaftung und Unterhaltung unwirtschaftlich ist und die für staatliche Aufgaben nicht benötigt werden.
- Die Vermehrung des Waldanteils in Schleswig-Holstein bleibt weiterhin ein vorrangiges Ziel, das durch die zweckgebundene Erhebung der Grundwasserabgabe weiter gefördert werden soll.
Tierschutz
- Wir werden den Tierschutz in Schleswig-Holstein stärken und verbessern.
- Wir werden den Landtagsbeschluss zur Verbesserung des Tierschutzes vom Februar 2003 überprüfen.
- Wir wollen ortsnahe Schlachtvieh-Verarbeitungsanlagen fördern, auch um die Tiertransportzeiten zu verringern und damit den Tierschutz zu verbessern. Zusammen mit den Forschungseinrichtungen im Lande werden wir nach weiteren Möglichkeiten suchen, Tierversuche zu reduzieren.
- In der Nutztierhaltung messen wir dem Tierschutz nicht nur einen hohen Stellenwert bei, wir sehen darin auch ein Qualitätsmerkmal, das heimischen Produkten einen Marktvorteil bringt.
Wasser
- Die Umsetzung der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie werden wir weiterhin in Kooperation mit den Akteuren vor Ort umsetzen. Wir werden die EU-Wasserrahmenrichtlinie unter strenger Kosten-Nutzen-Betrachtung praxisnah und unbürokratisch umsetzen. Die Grund- und Oberflächenwasserabgabe schaffen dafür die finanziellen Ressourcen.
- Wasserschutzgebiete sollen dort ausgewiesen werden, wo konkrete Gefährdungen bestehen. Vorrang müssen vertragliche Regelungen haben, sofern dadurch das Schutzziel gleichermaßen dauerhaft erreicht wird.
- Wir lehnen eine Privatisierung der Trinkwasserversorgung ab. Diese Aufgabe der Daseinsvorsorge muss eine öffentliche Aufgabe bleiben.
- Es wird ein Generalplan Binnenhochwasserschutz erstellt mit den Schwerpunkten: Die Boden- und Flächennutzung soll sich an der Überschwemmungsgefahr orientieren – es besteht Bestandsschutz; Überprüfung der Hochwasserschutzanlagen; Rückhaltung des Wassers in der freien Landschaft; Schaffung von Retentionsräumen. Wir werden im Binnenland bei Bedarf Vorbehalts- und Vorranggebiete für den vorbeugenden Hochwasserschutz ausweisen und sichern lassen. Dabei ist eng mit den Gemeinden sowie den Wasser- und Bodenverbänden zusammen zu arbeiten.
Boden, Abfall, Luft, Lärm
- Wir werden den Flächenverbrauch durch eine nachhaltige Verkehrs- und Siedlungspolitik mit sparsamer, natur- und sozialverträglicher Flächennutzung reduzieren. Hierzu brauchen wir intelligente Planungen und Bauweisen, veränderte staatliche Zuschüsse, landesplanerische Strategien und das "Recycling" von ungenutzten ehemaligen Gewerbeflächen. Wir werden Bodeninformationssysteme und -kataster schrittweise fortschreiben, um frühzeitig über Belastungen (z.B. Altlasten) zu informieren und rechtzeitig mit den verantwortlichen Gebietskörperschaften reagieren zu können.
- Oberstes Ziel ist es, für den Abfallbereich im Sinne einer ökologischen Gesamtbilanz die ökonomisch beste Lösung zu finden. Dazu muss Markt- und Wettbewerbsprozessen mehr Raum gegeben werden, ohne dass es zu einer Absenkung von ökologischen oder sozialen Standards kommt. Außerdem gilt es, für die Abfallentsorgungswirtschaft verlässliche Rahmenbedingungen zu schaffen, an denen sie sich mittel- bis langfristig orientieren kann. Wir werden:
- die bei uns anfallenden Abfälle im Lande verwerten, behandeln und sicher ablagern. Abfalltourismus lehnen wir ab. Wir wollen deshalb mit unseren norddeutschen Nachbarn ein gemeinsames Konzept verabreden. Die MBAs, insbesondere wenn sie wie in Neumünster einen wichtiger Pfeiler der Abfallpolitik und ein Beispiel gebietsübergreifender Kooperation bilden, wollen wir absichern.
- zusammen mit den Kommunen, anderen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern und der Abfallwirtschaft Vorsorge treffen, dass die Restabfallbehandlung über 2005 hinaus sichergestellt ist;
- leistungsfähigen privaten Entsorgern einen fairen Wettbewerb ermöglichen.
- Lärmschutz ist vorbeugender Gesundheitsschutz. Wir unterstützen die Ziele der Umgebungslärmrichtlinie und werden die Umgebungslärm- und die Luftqualitätsrichtlinie miteinander verzahnen. Die Lärmbelastung in den Städten und an Verkehrswegen wollen wir verringern.
Bürokratieabbau und Deregulierung
Wir wollen das umfangreiche rechtliche Regelwerk mit dem Ziel der Deregulierung und des Bürokratieabbaus überprüfen. Hierbei sollen insbesondere das Landesjagdgesetz, das Landesnaturschutzgesetz, das Landeswaldgesetz, das Landeswassergesetz, das Landesbodenschutzgesetz und das Landesabfallgesetz in einem ersten Gang bis 2006 überprüft bzw. überarbeitet werden. Wir werden ein einheitliches Umweltgesetzbuch auf Landesebene prüfen.