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Reden im Archiv
Debatten aus dem Landtag
Rede vom 16. Dezember 2011Debatte über Haushaltskonsolidierung im Landtag
Rainer Wiegard: Rot-grüne Steuererhöhungen können stetige wirtschaftliche Entwicklung nicht ersetzen
Frau Präsidentin, meine Kolleginen und Kollgen,
der Stabilitätsrat hat im Frühjahr die Haushaltsberichte des Bundes und der 16 Länder geprüft und anhand von vier Kennziffern für vier Bundesländer eine drohende Haushaltsnotlage festgestellt. Darunter auch Schleswig-Holstein. Die vergangenheitsbezogenen Kennziffern – Schuldenstand je Einwohner und das daraus folgende Verhältnis von hohen Zinsausgaben zu Steuereinnahmen – sind die eigentlichen Probleme im Haushalt Schleswig-Holsteins. Im Jahre 2011 werden wir wieder neue Schulden nur aufnehmen müssen, um damit die Zinsen für die Altschulden zu bezahlen. Die Vergangenheit hat unser Land unerbittlich im Griff. Deshalb muß Schleswig-Holstein mit dem Stabilitätsrat ein Sanierungsprogramm vereinbaren, das bis 2016 gilt, die jährlichen Defizitabbauschritte und die dazu erforderliche Vorhabenplanung beinhaltet. Jährlich zweimal müssen wir an den Stabilitätsrat über die Einhaltung des Defizitabbaupfades berichten.
Die gegenwarts- und zukunftsbezogenen Kennziffern zeigen sich demgegenüber positiv: Das Finanzdefizit wie auch die Kreditfinanzierungsquote liegen unterhalb der festgestellten Schwellenwerte. Dementsprechend ist der Ausblick des Stabilitätsrates hierzu positiv.
Diese Entwicklung kommt jedoch nicht von ungefähr.
Denn die Begrenzung der Ausgaben erfolgt nach einer klaren Struktur. Die im langfristigen Durchschnitt erzielbaren Steuereinnahmen, die Verwaltungseinnahmen und die jährlich abnehmende, max. zulässige Neuverschuldung stellen die absolute Ausgabengrenze dar.
Diese klare Finanzstruktur gibt Sicherheit – auch in Jahren mit geringeren Einnahmen als im langfristigen Durchschnitt.
Sie ist allerdings vor allem eine klare Ansage für Jahre mit überdurchschnittlichen Einnahmen.
Nämlich: Überdurchschnittliche Einnahmen stehen nicht für Ausgaben zur Verfügung, sondern reduzieren die Verschuldung. Und damit wird das Hauptproblem des Schleswig-Holsteinischen Haushaltes angegangen. Der künftige Zinsaufwand – und vor allem – der Zinsaufwand aus künftigem Zinsrisiko wird reduziert.
Mit dem Doppelhaushalt 2011/2012 haben wir das strukturelle Defizit – im ersten von fünf Schritten – von 1,32 Milliarden Euro auf 850 Millionen Euro abgesenkt. Das entspricht einer Reduzierung von 450 Millionen Euro innerhalb von zwei Jahren! Im Rahmen des Sanierungsprogramms führen wir diesen Kurs bis 2016 konsequent fort.
Dazu ergreifen wir eine Reihe von Maßnahmen:
• Der Abbau von über 3.100 Stellen im Landesdienst
• Das Erzielen von Effizienzgewinnen in der Hochschulverwaltung und der Straßenbauverwaltung
• Die weitere Effektivierung und Konzentration der Wirtschaftsförderung
• Die Angleichung der Zahl der vorklinischen und klinischen Medizinstudienplätze
• Begrenzung des Kostenanstiegs bei der Eingliederungshilfe
• Die Streckung öffentlicher Hochbaumaßnahmen
• und eine Vielzahl von Maßnahmen im Bereich der Zuweisungen und Zuschüsse, z.B. Landesforsten, Landwirtschaftskammer
Auf der Ausgabenseite erfahren unsere Kommunen und das Land auch Entlastung durch den Bund. Der übernimmt ab 2014 vollständig die Lasten der Grundsicherung. Das bringt für die Kommunen des Landes ab 2014 gut 120 Millionen Euro, für das Land
Zugleich verbessern wir die strukturelle Einnahmebasis durch die Erhöhung der Grunderwerbsteuer von 3,5 auf fünf Prozent.
Das Sanierungsprogramm zeigt – wie auch der Finanzplan –, dass Schleswig-Holstein sich auf einem guten Weg befindet. Wir gehen das Thema Konsolidierung konsequent und nicht halbherzig an.
Die geplante Kreditaufnahme für die Jahre 2013 bis 2015 liegt jeweils rund 200 Millionen Euro unter der zulässigen Höchstgrenze. Das gibt Sicherheit auch bei wechselhafter konjunktureller Entwicklung.
Und wenn sich die wirtschaftliche Entwicklung verstetigt und die Zinsentwicklung moderat bleibt dann haben wir – bei strikter Ausgabendisziplin – eine gute Chance, früher als geplant ohne neue Schulden auszukommen. Das bedeutet gleichzeitig, dass wir auch früher als geplant mit dem Abbau des lähmenden Schuldenberges beginnen können.
Vor diesem Hintergrund ist es denn auch wenig überraschend, dass der Stabilitätsrat die Konsolidierungsanstrengungen des Landes hervorhebt. So heißt es in der Bewertung des Evaluationsausschusses:
„Das Sanierungsprogramm Schleswig-Holsteins ist eine geeignete Grundlage für das Überwinden einer drohenden Haushaltsnotlage und das Erreichen eines ausgeglichenen Haushaltes 2020.“
Der Stabilitätsrat „begrüßt die im Sanierungsprogramm vorgesehenen Konsolidierungsmaßnahmen ausdrücklich und empfiehlt, diese konsequent umzusetzen.“
Das können Sie alles nachlesen! Ich denke, dass diese Formulierungen für sich sprechen und Beleg für die erfolgreiche Arbeit dieser Landesregierung und der sie tragenden Fraktionen sind.
In dem Sanierungsprogramm wird aber nicht nur deutlich, dass wir die Vorgaben des Stabilitätsrates einhalten, sondern auch, dass es mit dieser Landesregierung kein blindes Sparen an allen Ecken und Kanten geben wird.
Die voraussichtliche Einnahmeentwicklung in diesem Jahr macht deutlich, dass eine stetige wirtschaftliche Entwicklung die Voraussetzung für ausgeglichene Haushalte ist.
Keine neue Steuer, keine Steuererhöhung und keine Ausgabekürzung kann die Einnahmeentwicklung ersetzen, die wir durch stetiges wirtschaftliches Wachstum erzielen. Dies zu stärken, ist unsere erste Herausforderung.
Deshalb geht es neben konsequenter Ausgabendisziplin vorrangig um den Ausbau der wirtschaftlichen Infrastruktur;
um notwendige Verkehrswege,
um schnelle Datennetze und
um sichere Stromversorgung.
Zugleich gilt es,
Forschung und Entwicklung im Land zu stärken
und die Bildungschancen der Kinder durch mehr Qualität im Bildungssystem zu verbessern, damit sie im weltweiten Wettbewerb um die besten Jobs mithalten können.
Und wir müssen den jungen Familien ermöglichen, ihre familiären Pflichten mit ihren beruflichen Aufgaben vereinbaren zu können.
Noch nie flossen so viele Mittel in den Ausbau der Infrastruktur wie in den letzten Jahren – ob Breitband, Straßenbau, Schienenverkehr oder Wasserwege.
Noch nie wurde so viel Geld für die Kindertagesbetreuung ausgegeben. Allein im aktuellen Finanzplanungszeitraum sind es fast 700 Millionen Euro.
Wir schließen die strategische Lücke bei der Polizei und richten dafür 160 Stellen neue Stellen ein. Im Übrigen: Das ist seit eineinhalb Jahren Beschlusslage – auch wenn das für einige Anwesende neu sein mag.
Die Unterrichtsversorgung ist auf einem historisch hohen Niveau, das wir trotz Haushaltskonsolidierung halten werden.
Das alles legen wir Ihnen im Finanzplan und im Sanierungsprogramm transparent und schonungslos dar, jeder kann das nachlesen.
Und nur durch Konsequenz und Transparenz werden wir unseren Teil dazu beitragen, das Vertrauen in die politische Handlungsfähigkeit stärken.
Das war nicht immer so – wie ein Rückblick in die Vergangenheit ebenso zeigt wie ein Ausblick auf ungedeckte Ausgabeversprechungen.