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Mitteilung vom 16. September 2009Plenardebatte zur Integrationspolitik
Innenminister Rainer Wiegard: Bemühungen um Integration verstärken
Vizepräsidentin Frauke Tengler:
Das Wort für die Landesregierung erhält Herr Minister Rainer Wiegard.
Rainer Wiegard, Finanzminister und Innenminister:
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Zunächst einmal will ich mein Befremden darüber ausdrücken, Herr Kollege Stegner, dass Sie den Versuch gemacht haben, hier öffentlich Dissense darzustellen, die es bei den hier zu behandelnden Themen in den viereinhalb Jahren unserer gemeinsamen Regierungszeit definitiv nicht gegeben hat. Ich kann mich an keinen einzigen Fall erinnern, bei dem ein Innenminister dieser Regierung andere Vorstellungen hatte und Vorschläge gemacht hat, als sie miteinander umgesetzt worden sind.
(Beifall des Abgeordneten Torsten Geerdts [CDU])
Ich finde es unverschämt, dass Sie bei jedem Beitrag die Grenzen der Wahrheit bei dem überschreiten, was Sie hier darstellen.
(Beifall bei CDU und FDP – Zuruf der Abgeordneten Sandra Redmann [SPD])
Im Gegenteil, meine Damen und Herren: In diesem Zusammenhang sage ich ausdrücklich, dass ich die Besorgnis teile, dass es den Betroffenen, über die wir beim ersten Tagesordnungspunkt geredet haben, schwerfallen wird, das Ziel der Altfallregelung zu erreichen. Bereits mit dem Inkrafttreten dieser Regelung im August 2007 war die Besorgnis aufseiten der Politik, der betreuenden Organisationen und der Verwaltung auf den Stichtag den 31. Dezember 2009 gerichtet. Spätestens dann müssen die von dieser Regelung Begünstigten den Nachweis der wirtschaftlichen Integration erbringen. Gerade bei den Menschen, die zunächst nur eine Probeaufenthaltserlaubnis nach der Altfallregelung erhalten haben, steht zu befürchten, dass sie die wirtschaftliche Unabhängigkeit eben nicht zeitgerecht erreichen können.
Die wirtschaftliche Gesamtsituation, das ist von allen Debattenrednern noch einmal besonders dargestellt worden, hat diese Besorgnis natürlich weiter bestärkt. Bundesweit stehen über 28.000 Menschen mit sogenannten Probeaufenthaltserlaubnissen im Fokus, die von Mitte 2007 bis zum 30. Juni 2009 erteilt wurden. In Schleswig-Holstein sind konkret 420 Personen betroffen. Die in der Norm bereits enthaltenen Ausnahmebestimmungen zum Beispiel für Familien, für Alleinerziehende mit Kindern und Auszubildende und für unbestimmte Rechtsbegriffe sollten deshalb im Sinne der Betroffenen bundesweit in ihrem Interesse angewendet werden. Zudem gilt es, die im Aufenthaltsgesetz enthaltenen Normen humanitärer Aufenthaltsrechte zu prüfen. Die Bundesregierung hat darüber hinaus zugesagt, unmittelbar zu Beginn der nächsten Legislaturperiode kurzfristig zu prüfen, inwieweit die Einleitung eines Rechtsetzungsverfahrens zur Verlängerung angezeigt ist.
Das Problembewusstsein – das wird daraus auch deutlich – ist bei den handelnden Akteuren vorhanden. Es gilt, einen möglichst breiten Weg zu finden, um den von der Altfallregelung probeweise Begünstigten, die sich nachweislich auch um wirtschaftliche Integration bemüht haben, über den 31. Dezember 2009 hinaus eine verfestigte Aufenthaltsperspektive eröffnen zu können. Ich denke, insoweit stimmen wir da überein.
Der zweite Antrag behandelt das Thema dauerhaftes Resettlement. Das hat durch die aktuell laufende Aufnahme irakischer Flüchtlinge aus Syrien und Jordanien ein neues Gewicht erhalten. Möglicherweise stellt diese Aktion den ersten Schritt dar, um Resettlement als eine ständige Säule der humanitären Flüchtlingspolitik Deutschlands beziehungsweise der EU – das ist, glaube ich, die wichtigere Ansprechstelle in dieser Frage – zu institutionalisieren.
Der Begriff ist im Wesentlichen erläutert. Er wird im klassischen Sinn definiert als Neuansiedlung von Flüchtlingen, die zwar in einem Drittland zeitweiligen Schutz, aber keine dauerhafte Lebensperspektive gefunden haben, und findet zusätzlich und parallel zur Aufnahme von Asylbewerbern statt, ersetzt aber keineswegs die Durchführung von Asylverfahren.
Resettlement ist nicht die Lösung für alle weltweit betroffenen Menschen in Flüchtlingslagern. Allerdings wird in den USA, in Australien, Neuseeland und Kanada, aber auch in einer Reihe von EU-Staaten und in Skandinavien gegenwärtig durch eine festgelegte Aufnahmequote vielen tausend Menschen jährlich geholfen. Eine Zusammenarbeit aller EU-Staaten könnte höhere Aufnahmequoten ermöglichen.
Im Vorgriff auf ein Resettlement-Programm der EU hat der Rat der Justiz- und Innenminister der Europäischen Union im November 2008 für die Aufnahme irakischer Flüchtlinge aus Syrien und Jordanien wegweisende Schlussfolgerungen verabschiedet. Die Mitgliedstaaten werden darin aufgefordert, auf freiwilliger Basis und im Rahmen der jeweiligen Kapazitäten aus einem EU-Kontingent von 10.000 Personen besonders schutzbedürftige Flüchtlinge aufzunehmen. Die Bundesrepublik Deutschland wird 2.500 Personen aufnehmen. Die Hälfte davon – 1.260 Flüchtlinge – sind bereits in Deutschland eingetroffen. Schleswig-Holstein erwartet nach dem Königsteiner Schlüssel 83 Personen. Auch davon sind etwa die Hälfte – 42 Personen – bereits für die Verteilung nach Schleswig-Holstein vorgesehen. Das Landesamt für Ausländerangelegenheiten wird die weitere Verteilung auf die Kreise und kreisfreien Städte vornehmen und auch durch Informationsveranstaltungen durch das Innenministerium im Februar zum Ablauf der Aufnahmeaktion die formale Zusammenarbeit organisieren, die im Übrigen – so jedenfalls die bisherigen Erkenntnisse – gut funktioniert.
Die Erfahrungen mit der Aufnahmeaktion werden die Grundlage für weitere Entscheidungen zugunsten eines dauerhaften EU-Programms sein. Die EU-Kommission hat Anfang September einen Vorschlag für ein gemeinsames Neuansiedlungsprogramm der EU vorgelegt, mit dessen Hilfe sich die EU-Mitgliedstaaten künftig einmal im Jahr auf Prioritäten bei der Flüchtlingsaufnahme einigen sollen.
Der Grundsatz der Freiwilligkeit bleibt dabei erhalten. Verpflichtende Aufnahmequoten soll es nicht geben. Ich gehe davon aus, dass sich die Bundesrepublik Deutschland an diesem EU-Programm beteiligen wird. Es ist jedenfalls zwingend, dass alle Beteiligten – Politik, Behörden und Organisationen – diesen Weg auch gemeinsam organisieren und gemeinsam beschreiten.
(Beifall bei der CDU)
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